Ein Jahr Leben im Zug

Heute vor einem Jahr

Heute vor einem Jahr begann ich mein Leben im Zug, und damit ist heute auch der Tag, an dem meine BahnCard ausläuft. Damals hätte ich nie gedacht, dass dieser neue Lebensstil mich zu einem ganz anderen Menschen machen würde. Zu dieser Zeit befand ich mich in einer schwierigen Lebenslage, da ich gerade meine unschöne Schulzeit mit dem Realschulabschluss beendet hatte und nicht wusste, was ich tun sollte. Ich hatte kaum Freunde und litt unter leichten Depressionen.

Am 8. August 2022, dem ersten Gültigkeitstag meiner BahnCard, verbrachte ich einen wirklich gelungenen Tag mit meiner Mutter in Hamburg. Am Abend desselben Tages stand meine allererste Nacht-ICE-Fahrt an. Als ich voller Vorfreude am Hamburger Hauptbahnhof auf den ICE 619 nach München wartete, merkte ich, welche neue Freiheit ich gewonnen hatte.

Die Nacht im ICE war schrecklich, und ich konnte kaum schlafen. So kam ich morgens zum ersten Mal in meinem Leben in München an. Die nächsten Nächte wurden nicht wirklich besser, und ich fuhr mehrmals pro Woche zu meinen Eltern in den Hohen Norden, um mich dort auszuschlafen. Mit der Zeit optimierte ich meine Schlafgewohnheiten und meine Ausrüstung.

Mein Jahr im Rückblick

Heute blicke ich auf das glücklichste und erlebnisreichste Jahr meines Lebens zurück. Ich habe mich verändert und bin zu einem anderen Menschen geworden – darauf bin ich stolz! Ich durfte so viele Abenteuer erleben, dass es zu viele sind, um sie hier alle aufzuzählen.

In diesem Jahr habe ich die Bahn von allen Seiten kennengelernt, sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte. Dabei habe ich viele nette Mitarbeiter kennengelernt, sei es Zugbegleiter, Gastronomie oder Triebfahrzeugführer. Mit einigen von ihnen sind sogar wahre Freundschaften entstanden.

Man könnte sagen, dass die Bahn mein letztes Jahr bestimmt hat, und ja, das ist richtig so. Mein Leben richtete sich nach der Abfahrtstafel am Bahnhof. Doch durch die Bahn habe ich auch unglaublich viele Abenteuer erlebt, egal ob 5-stündige Taxifahrten, Wildunfälle, Streiks oder Evakuierungen.

Das Wichtigste waren jedoch die Begegnungen mit anderen Menschen. Auf meinen über 1700 Zugfahrten habe ich so spannende Gespräche geführt, dass ich ganze Nächte wach geblieben bin, nur um die Unterhaltung nicht beenden zu müssen. Besonders in Erinnerung bleiben mir die Gespräche mit dem Sprengmeister, der Lehrerin, der Personalmanagerin und der Klimaaktivistin. Aber auch alle anderen waren unglaublich lehrreich, interessant und tiefgründig. Besonders in den Zügen, die entweder stark verspätet waren oder gestrandet sind, haben sich viele Gespräche entwickelt.

Besonders schön waren auch immer die gemeinsamen Abende in den DB Lounges bei Panini, Chips und Wein. Wir hatten so viel Spaß, dass es einfach unvergesslich bleibt!

Doch im letzten Jahr war ich nicht die ganze Zeit nur mit der Bahn unterwegs, sondern habe auch viel Zeit außerhalb von Zügen und DB Lounges verbracht. Die Wanderungen alleine oder mit Freunden in den deutschen Alpen, im Harz oder durch Städte waren zwar anstrengend, aber auch wahnsinnig schön. Besonders gefallen haben mir auch die abendlichen Spaziergänge durch die Großstädte.

Mein BahnCard 100-Jahr in Zahlen

Ich liebe Statistiken, daher habe ich jede meiner Zugfahrten von Anfang an mit Träwelling aufgezeichnet. Entstanden ist eine riesige Datenmenge in Form einer JSON-Datei mit 32.241 Zeilen.

• 1.792 Fahrten
• 372.566 Kilometer quer durch Deutschland
• 3.795 Stunden im Zug

Ein weiteres Jahr

Am 1. August 2023 habe ich meine neue BahnCard 100 bestellt, deren erster Gültigkeitstag der 14. August 2023 ist. Ab dann werde ich wieder unterwegs sein, mit dem kleinen, aber wichtigen Unterschied, dass ich diesmal eine BahnCard 100 für die 1. Klasse anstelle der 2. Klasse habe.

Ich freue mich unglaublich auf das kommende Jahr im Zug. Ich bin gespannt, welche Abenteuer mich dieses Mal erwarten. Eines ist jedoch sicher: Es wird aufregend!